Radiolarien Wunderbare Kleinlebewesen |
Radiolarien, früher manchmal auch als Strahlen- oder Gittertierchen
bezeichnet, sind einzellige Meereslebewesen mit kunstvollen, glasartigen Gehäusen.
Der Name kommt von den strahlenförmig nach außen gerichteten, sehr feinen
Plasmafäden (Axopodien), mit Hilfe derer die Radiolarien Kleinorganismen erbeuten:
Erst unter der extrem hohen Vergrößerung des Transmissions-Elektronen-Mikroskopes
wurde sichtbar, daß die strikt linearen Plasmafäden auf einer komplizierten
Substruktur basieren, welche an ein perfekt montiertes Baugerüst erinnert. Diese
Gerüst-Substruktur kann von der Radiolarie in kurzer Zeit linear verlängert (aufgebaut)
oder verkürzt (demontiert) werden.
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Angesichts der völlig berechtigten Begeisterung über die Schönheit der
Radiolariengehäuse wird häufig vergessen, daß es sich
hier lediglich um die sterblichen Überreste faszinierender, farbenfroher Lebewesen handelt,
d.h. wir erfreuen uns sozusagen an der Schönheit von Gerippen. |
Lebende Radiolarie aus dem Mittelmeer. Ø ca. 0,2 mm. Nord-Korsika, Planktonnetzfang, Uferbereich, ca. 50 m vor der Küste. |
Im Foto oben bemerken wir zunächst die dicken, glasartigen
Stacheln, außerdem jedoch zwei der sehr viel feineren,
dünnen, ebenfalls absolut geradlinigen Plasmafäden, von deren
magischen Eigenschaften schon die Rede war. |
Radiolarie aus dem Mittelmeer (1). Ø ca. 0,2 mm. Zentrales Plasma (rot) im Zellkern, umschlossen von netzartigem peripheren Plasma, aus welchem die Axopodien entspringen. |
Radiolarie aus dem Mittelmeer (2). Schon bei geringem Druck des Deckglases werden wir Zeuge des beginnenden Sterbens. Das rote Kernplasma scheint regelrecht nach außen zu fliehen. |
Radiolarie aus dem Mittelmeer (3).
Kern bei stärkerer Vergrößerung.
Die Zerstörungen durch den Druck sind unverkennbar: Die beiden
Plasmabereiche fließen ineinander und es sind Brüche im Skelett
zu erkennen. Schon der berühmte Zoologe Ehrenberg hat wehmütig
festgestellt, daß wir Menschen zwar vieles in kurzer Zeit
zerstören können, jedoch selbst die Mächtigsten unter uns
nicht einmal in der Lage sind, auch nur eine einzige, kleine Zelle wie diese zu bauen.
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Ein wenig FachliteraturJoachim Stanek und Rainer Wolf: Anschleifen von Einzellergehäusen
unter ständiger Sichtkontrolle. MIKROKOSMOS Bd. 91, Heft 4 (2002) S. 241-247.© Text, Abbildungen und Animation von Martin Mach |